Meine Rede zur Volksinitiative für eine nationale Erbschaftssteuer vom 18. März 2025.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden auf kantonaler Ebene Erbschaftssteuern eingeführt, einerseits zur Finanzierung des jungen Bundesstaates, andererseits zur Überwindung des Geldadels und für mehr Chancengleichheit. Wohlstand sollte nicht länger ein vererbtes Privileg sein, sondern durch eigene Leistung erworben werden. Erbschaften waren nämlich ein zentrales Instrument der alten feudalen Ordnung, das Macht und Reichtum über Generationen in den Händen weniger konzentrierte. Heute kehren wir zurück zu alten Mustern. Der Wohlstand konzentriert sich zunehmend in den Händen weniger, nicht durch harte Arbeit, sondern durch Erbschaften. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Jeder zweite Vermögensfranken ist geerbt und nicht geleistet. In den letzten dreissig Jahren hat sich das Erbschaftsvolumen inklusive Schenkungen fast verfünffacht. Das Bruttoinlandprodukt hat sich in dieser Zeit lediglich verdoppelt.

Gleichzeitig wurden die Erbschaftssteuern immer weiter gesenkt oder gar ganz abgeschafft. 1990 wurde ein geerbter Franken noch mit 4,1 Rappen besteuert, heute nur noch mit etwa 1,4 Rappen. Das hat Folgen. Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung haben ihr Vermögen in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt, und die nächstreichsten 40 Prozent haben es um 50 Prozent gesteigert. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung hingegen hat keinerlei Vermögenszuwachs erlebt. Die Schere geht also massiv auseinander. Auch die Idee der Generationengerechtigkeit wird zunehmend ausgehöhlt. 60 Prozent der Erbschaften gehen an Menschen über 60, während weniger als 5 Prozent der Erbschaften und 19 Prozent der Schenkungen an Menschen unter 40 fliessen. Diese Entwicklung gefährdet nicht nur die Chancengleichheit, sondern auch den sozialen Frieden.

Im Gegensatz zur letzten Volksabstimmung über eine Erbschaftssteuer im Jahr 2015 ist unsere finanzielle Lage heute eine andere. Es stehen enorme Investitionen an, gerade um den massiven klimatischen Veränderungen zu begegnen. Veränderungen, zu welchen vermögende Menschen, ja vermögende Länder, nachweislich wesentlich mehr beigetragen haben als minderbemittelte. Auch die Finanzierung der 13. AHV-Rente ist nicht gesichert. Doch statt die Arbeit durch höhere Lohnabzüge zu verteuern oder die Haushalte durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zusätzlich zu belasten, sollten wir den Mut haben, gerechtere Steuersubstrate zu diskutieren. Eine Rückkehr zu einer moderaten Besteuerung auf dem Niveau der 1990er-Jahre würde den Kantonen und Gemeinden jährlich über 2,5 Milliarden Franken zusätzliche Einnahmen bringen; Geld, das dringend in Bildung, Pflege, soziale Sicherheit oder den Klimaschutz investiert werden müsste. Es ist deshalb umso bedauerlicher, dass der Vorstoss von Kollege Jost für eine moderate Erbschaftssteuer als Gegenvorschlag zur Juso-Initiative in den Kommissionen nicht ernsthaft geprüft wurde. Eine Steuer von 10 Prozent mit einer Freigrenze von 5 Millionen Franken wäre absolut vertretbar, auch für Unternehmen, wenn die Zahlung beispielsweise über zehn Jahre gestreckt werden könnte. Ein Unternehmen, das mit dieser Regelung nicht zurechtkommt, hätte ohnehin grössere Probleme als eine Erbschaftssteuer.

Sie merken schon: Ich bin ein überzeugter Befürworter einer Erbschaftssteuer, vor allem als Unternehmer. Als solcher geniesse ich unglaubliche Privilegien: eine top Infrastruktur, einen stabilen Rechtsstaat, ein tolles Gesundheits- und Apothekensystem und ein liberales Arbeitsrecht. Einen Teil dieser Früchte nach dem Tod an die Allgemeinheit weitergeben zu können, ist für mich eine Selbstverständlichkeit.

Ich werde daher insbesondere die gemässigteren Gegenvorschläge der Minderheiten unterstützen.