«Spare in der Zeit, so hast Du in der Not», lautet eine Bauernregel, sprich: Sich bescheiden, sein Geld horten, um es in schweren Zeiten nicht schwerer zu haben als nötig. Also auf keinen Fall mit beiden Händen das Geld zum Fenster hinauswerfen, wie das von der Aristokratie im Merkantilismus erwartet wurde, damit ein forcierter Binnenkonsum den Staat des Sonnenkönigs reich machen möge. Aus Sicht des Sonnenkönigs waren der Staat und er ohnehin identisch.

Doch zurück zum bauernschlauen Ratschlag. Eine wichtige Voraussetzung dabei wird leicht übersehen, nämlich bei der Entscheidung zuerst die Zeichen der Zeit zu verstehen: Ist es nun der richtige Zeitpunkt, zu sparen? Oder ist es vielmehr an der Zeit, zu investieren? «Investiere in der Zeit, dann kannst Du Dich auch künftig gegen die Konkurrenz behaupten», gilt für jedes Unternehmen.

Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Stillstand

Ausgerechnet der Freisinn, der grosse Stücke auf den Unternehmergeist hält und in den Anfängen des Bundesstaates mutig in dessen Infrastruktur und Institutionen investiert hat, steht heute mit seiner Finanzministerin auf der Bremse. Nur ist gerade jetzt nicht der Zeitpunkt für Stillstand. Wenn wir wollen, dass unser Land auch in Zukunft prosperiert, dann dürfen wir ganz sicher nicht unseren hervorragenden Bildungs- und Forschungsstandort kaputtsparen.

Dasselbe gilt für die internationale Zusammenarbeit, die für die Schweizer Aussenpolitik enorm wichtig ist – erst recht in der aktuellen geopolitischen Lage. Aber auch Investitionen in die Zukunft, wie Gebäudesanierungsprogramme oder die Elektrifizierung des Verkehrs, sollen mit einem «Sparpaket» zusammengestrichen werden. Angezeigt sind vielmehr gezielte Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz.

Dieses Vorgehen entspringt einer verqueren Ideologie, die bei vorgestrig anmutenden Kettensägen-Fanatikern im Ausland gerade en vogue ist: Den Staat mit grosser Lust am Massaker richtiggehend zerstückeln zu wollen. Bei uns in der Schweiz haben SVP, FDP und Mitte in den letzten Budgetverhandlungen zusammengespannt, um mit ihren Sparplänen radikale Querschnittskürzungen durchzusetzen. Dies ohne wirkliche Debatten über Sinn oder Konsequenzen.

Das Märchen von der aufgeblähten Ausgabenquote

Die Sparbefürworter monieren lediglich, der Staat sei über die Jahre immer grösser geworden. Was ganz klar nicht zutrifft. Die Ausgabenquote – also die Bundesausgaben im Verhältnis zum BIP – ist in der Schweiz seit 30 Jahren bemerkenswert stabil, selbst in Zeiten grosser Reformen oder Krisen. Trotzdem wird behauptet, der Staat sei völlig aus dem Ruder gelaufen. Obwohl die Schweiz finanziell solide dasteht und die Schuldenquote sogar sinkt, soll weiter rigoros gespart werden. Weil die Rechnung aber wegen der Multirisiken tatsächlich grösser wird, wäre es klüger, über faire Einnahmequellen zu diskutieren wie höhere Finanztransaktionssteuern oder eine moderate Erbschaftssteuer.

Sparen ist nicht per se schlecht. Auch in Unternehmen werden Budgets regelmässig überprüft und nicht mehr benötigte Kostenblöcke gestrichen. Aber mit Sparen allein lässt sich keine Zukunft gestalten. Denn eine moderne, zukunftsfähige Gesellschaft entsteht nicht durch Budgetkürzungen, sondern durch gezielte Investitionen, die sich später wieder auszahlen. Unsere Kinder und Kindeskinder sollen ebenso von Dividenden in Form eines hochstehenden Bildungs- und Forschungsstandort profitieren können in einem Land mit einer funktionierender Infrastruktur und stabilen Institutionen. So, wie dies uns vergönnt war.

Wer nur auf Kürzungen setzt, hinterlässt den kommenden Generationen nicht nur finanzielle, sondern auch ökologische und infrastrukturelle Schulden. Deshalb gehört dieses Sparpaket, das in der aktuellen Situation kaum unpassender sein könnte, entschieden an den Absender zurück.

Hinweis: Dieser Text ist als Gastbeitrag in der Zeitschrift Agéfi erschienen