Unabhängigkeit ist eines der wesentlichen Prinzipen, das ich mir für das Nationalratsmandat vorgenommen habe. Auch wenn ich ein gewisses Verständnis habe, dass dies viele Ratsmitglieder anders handhaben, will ich so frei wie möglich politisch gestalten können. Deshalb lehne ich bezahlte Präsidien oder Vorstandsmandate wirtschaftlich gewichtiger Organisationen auf nationaler Ebene ab. Das ist mehrfach geschehen, auch bei durchaus spannenden Verbänden.

„Möchten Sie ein Präsidium für 45’000 Franken?“

Vom Hocker gehauen hat mich das Präsidium einer nationalen Dachorganisation mit über 10’000 Mitgliedern, für welches mir ein jährliches Gehalt von 45’000 CHF angeboten wurde. Bei der Anfrage wurde nicht kommuniziert, um welche Organisation es geht. Es ist kein Geheimnis, dass es einen Markt für solche Politjobs gibt, wo an allererster Stelle die Vergütung steht. Ich finde das dennoch dreist.

Ungleich lange Spiesse

Unabhängigkeit hat ihren Preis und das in mehrfacher Hinsicht. Einerseits steht mir keine Maschinerie im Hintergrund zur Verfügung, die mir meine politische Arbeit mundgerecht aufarbeitet. Das ist an sich nicht ein Problem. Problematisch ist aber, dass durch diese ungleich langen Spiesse unabhängige und ich würde behaupten, damit auch progressive Politik einen schwereren Stand hat. Denn wirtschaftsnahe Organisationen, die sich politischen Einfluss erkaufen können, haben die Tendenz, Besitzstandswahrung zu betreiben. Es bleibt also möglichst vieles beim Alten, damit sich die eigene Klientel nicht bewegen muss. Ich sehe da politischen Handlungsbedarf.

Ein Mittagessen für 176.86 CHF

Ich lasse mich nicht von Firmen einladen, die politisch etwas von mir wollen. Nicht zum Essen, nicht zum Süssgetränk, nicht zum Kaffee. Auch wenn solche Einladungen im Berner Politalltag als völlig harmlos angesehen werden, mache ich mir daraus einen Sport. Das geht zuweilen aber ins Geld: Die Penne all’arrabiata mit Leitungswasser und Espresso für stolze 60CHF in einem dieser wirklich existierenden Hinterzimmer-Restaurants am Paradeplatz, das man auf keiner Karte findet. Oder der Businesslunch im 5-Sternehotel für satte 176.86 CHF. Ich habe dazugelernt und mache nun Gegenvorschläge für weltlichere Lokale 😉

Interessenskonflikte sind dennoch unausweichlich

Unabhängigkeit ist manchmal aber auch gar nicht möglich. Schon zu Beginn der Legislatur habe ich darauf hingewiesen. Mit meinem recht vielfältigen beruflichen Engagement, sind potentielle Interessenskonflikte nicht zu vermeiden. So zum Beispiel aktuell im Zusammenhang mit der E-ID.

Politisch ist einiges gegangen…

zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Grünen Investitionsbank, die ich versuche über 5 Parteien hinweg durchs Parlament zu kriegen. Oder bei dem Bundesamt für Cybersicherheit, das ich im Dezember eingebracht hatte und der Bundesrat überraschend nun auch schon umsetzen will. Oder der Vorschlag, Bankkader besser in die Pflicht zu nehmen, der mit erstaunlich grosser Mehrheit vom Parlament angenommen wurde. Und bei meinem E-ID Projekt geht es Schlag auf Schlag. Wenn alles klappt, kriegen wir das noch in dieser Legislatur durch. Das wäre ein wichtiger Schritt zu mehr digitaler Souveränität!