In der Frühjahrssession musste sich der Nationalrat zu meinem Postulat äussern, das darauf abzielt, die Führungskräfte auf den Finanzmärkten stärker in die Verantwortung zu nehmen. Durch den Einsatz von weniger, aber sicherlich effizienteren Instrumenten sollte die Finma besser in der Lage sein, ihre Ziele zu erreichen. Mit Rückenwind durch die Enthüllungen der Suisse Secrets überwand das Postulat die politischen Gräben und wurde schliesslich breit angenommen.

Leider ist es immer wieder ein guter Zeitpunkt, um über die Wirksamkeit der Finanzmarktregulierung zu diskutieren, da die Chancen gut stehen, dass ein Skandal, auf den man sich berufen kann, aktuell ist. Dies ist heute der Fall, eine Woche nach dem Bericht über die «Suisse Secrets», während wir einen Beitrag über den notwendigen Kulturwandel auf dem Finanzmarkt behandeln.

Auch wenn die Skandale nur eine Minderheit von Instituten betreffen, gefährden die Annahme von Schwarzgeld, Marktmanipulationen, Lücken in der Geldwäschereiprävention oder immense Verluste durch hochriskante Finanzprodukte ernsthaft die Zuverlässigkeit und damit die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Schweizer Finanzmarktes. Dem Schweizer Finanzregulierungssystem gelingt es nicht, negative Schlagzeilen zu unterbinden.

Ich glaube auch nicht, dass die Probleme gelöst werden können, indem man einfach noch mehr Kästchen ankreuzt und noch mehr Formulare ausfüllt. Es bedarf einer Analyse der aktuellen Regulierung der Schweizer Finanzmärkte und möglicher substanzieller Verbesserungen.

«Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken, wie das Sprichwort sagt.»

Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken, wie das Sprichwort sagt. Dieser etwas unappetitliche Spruch bringt eine wichtige Binsenwahrheit auf den Punkt: Unternehmenskultur wird durch die Führung vorgegeben und vorgelebt. Mitarbeitende verinnerlichen diese, womit das ganze Unternehmen erfasst wird. Derzeit wird wieder vermehrt über das Mittel der Geldbussen gegen fehlbare Kader diskutiert. Heute kann die Finma keine Bussen verhängen, weder gegen Institute noch gegen Individuen, und kennt eigentlich nur den Vorschlaghammer aller Sanktionen, das Berufsverbot. Dieses zu verhängen, ist wegen der hohen Beweisanforderungen und seiner Tragweite anspruchsvoll und wird entsprechend verhältnismässig selten ausgesprochen.

Bussen gegen Individuen könnten hier ein probates Mittel sein, um Fehlverhalten sanktionieren zu können, insbesondere wenn die Möglichkeit des Vergleichs à la «plea bargain» geschaffen wird, was die Verfahren substanziell verkürzen würde. Mit Bussen alleine dürfte es jedoch schwierig bleiben, aus den Negativschlagzeilen herauszukommen. Bussen bergen auch ein Risiko, denn im Strafrecht müssen sich Fehlbare nicht selber belasten, im Finanzmarktaufsichtsrecht hingegen wird eine Auskunftspflicht eingefordert. Eine Einführung von Bussen müsste diesem Umstand unbedingt gerecht werden und dürfte die Auskunftspflicht nicht gefährden.

«Als Chef nichts gesehen und nichts gehört haben geht dann nicht mehr.»

Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, um das Risikomanagement und die Vorbildfunktion des Kaders zu adressieren. Nach der Finanzkrise 2008 hat beispielsweise Grossbritannien damit begonnen, die Kultur der Institute anzugehen. Mit dem sogenannten Senior Managers and Certification Regime wird ganz gezielt auf die Verantwortungsübernahme der höchsten Kader fokussiert. Es soll im Voraus klar sein, wo und in welchem Umfang hohe Kader verantwortlich sind und letztlich haften. Als Chef nichts gesehen und nichts gehört haben geht dann nicht mehr. Eine reine Weste zu haben, wenn es im eigenen Verantwortungsbereich «chlöpft», ist dann keine valable Option mehr. Dabei geht es nicht um die Umkehr von Beweislast, es geht vielmehr darum, dass im Voraus Klarheit herrschen muss, worauf sich diese Kaderleute einlassen. Der Anreiz ist dann entsprechend gross, alles zu unternehmen, um gute Governance vorzuleben und durchzusetzen. Idealerweise sollten sich damit auch Bussen erübrigen.

Vielleicht liesse sich damit sogar die Regulierung etwas entschlacken. Denn verstehen Sie mich nicht falsch: Als Verwaltungsrat der Alternativen Bank – womit ich auch meine Interessenbindung offengelegt hätte – bin ich mir der Komplexität der aktuellen Regulierung durchaus bewusst. Mein Postulat zielt auf eine leichtere, aber wirksamere Regulierung, welche zu einer Gesundung der Unternehmenskultur führt.

Ich bitte Sie, das Postulat anzunehmen, wie es der Bundesrat empfiehlt.

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